Berichte
Harboeøre 3.-6. Oktober 1860
Pflichtversäumnis
Die Strandung der Arctic aus Hull war eine der ersten großen Prüfungen für das Rettungswesen und den Rettungsdirektor C.B. Claudi. Die Mannschaft der Rettungsstation Flyvholm hatte im Zusammenhang mit der Aktion die Anweisungen des Rettungsdirektors nicht befolgt und sich der Pflichtversäumnis schuldig gemacht. Beides konnte dem Renommee des Rettungswesens schaden, und die unfolgsamen Retter wurden gekündigt.
Unter ihnen war Bootsführer Anders Thuborg. In dem Buch Det gamle Harboøre (Das alte Harboøre) erzählt seine Tochter Karen Thuborg, dass ihr Vater angeboten habe, mit der Mannschaft hinaus zu fahren, nachdem sich das Meer etwas beruhigt hatte. Darauf antwortete Claudi, der eigentlich sein Freund war: ”Jetzt ist es verdammt noch mal zu spät, Anders Thuborg!”. Sie berichtet weiter: ”Wenn mein Vater später davon erzählte, bekam er immer Tränen in die Augen, und er sagte: ‘Das war der härteste Tag in meinem Leben‘.”
Anders Thuborg war 1847 von Claudi zum Bootsführer bestimmt worden und war an der Bergung von 561 Schiffbrüchigen beteiligt. Da die Tauchergruppe in Harboøre 1848 gegründet wurde, war er außerdem der erste, der an der Westküste als Taucher angestellt wurde.
Karen Thuborgs Erinnerungen
Als Zehnjährige war Karen Thuborg Dienstmädchen bei Strandhauptmann Christian Mærsk. Hier sind ihre Erinnerungen an das tote Kind Eliza Butterworth:
”Am ersten Tag, an dem das Dampfschiff sank, kam der Strandhauptmann mit einem zugedeckten Brett unter dem Arm heim. Ich weiß noch wie neugierig wir waren, als er durch den Hintereingang kam und wie überrascht wir einander ansahen, als er das Brett auf den Tisch in der Waschküche legte und die Decke abnahm. Da lag das hübscheste kleine Kind von zwei Jahren, mit schönen roten Wangen, als ob es schliefe, aber es war tot. Es war vollständig in Seide gekleidet, hatte Lackschuhe an den Füßen und einen Perlenkranz mit einem Goldschloss um den Hals.
Unter den Geretteten war der Onkel des Kindes. Er war der zweite Steuermann des Schiffs. Ich weiß noch, wie er weinte, als er das Kind liegen sah, wie schlafend und sanft lächelnd. Es wurde in den Pfarrhof gebracht, wo der Onkel einquartiert wurde, und von dort aus wurde die Beerdigung auf dem Friedhof von Harboøre arrangiert. Das Kind wurde nahe der östlichen Kirchenmauer begraben, und es wurden Rosen auf dem Grab gepflanzt, die so schön und selten waren, wie sie in Harboøre vorher kaum bekannt waren. Rund um das Grab wurden Grasnelken gepflanzt, und auch neben dem Grab des Kindes pflanzte man Grasnelken, und es wurde festgelegt, dass die Mutter dort begraben werden sollte, wenn man sie fände. Aber man fand sie nie.”
Zur Erinnerung an Eliza Butterworth
Seit 1909 die alte Kirche abgerissen und durch eine größere Ersetzt wurde, liegt das Grab, zusammen mit anderen Kindergräbern, unter dem Chor der neuen Kirche. Hinter der Altartafel ist eine gemalte Grabschrift zu sehen.
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