Berichte
20. September 1900
Die kleine Dagny
In den Tagen nach der Strandung der Bertie aus Kristiania verfolgten die Zeitungen in Lemvig genau die Geschichte des verschwundenen Kindes. Am 21. September, dem Tag nach der Havarie, konnte man lesen, dass der Kapitän darauf wartete, aus Esbjerg von ”seiner kleinen Dagny” zu hören. Am 23. September kam dann die Nachricht, dass das deutsche Konsulat in Lemvig ein Telegramm vom Kapitän des Dampftrawlers Bürgermeister Smidt erhalten hatte; das Kind war wohl auf und befand sich in Bremerhaven. Die ”glückliche Nachrettung” wurde sofort dem Vater mitgeteilt, der mit dem 10-Uhr-Zug von Lemvig nach Bremerhaven aufbrach.
Am 25. September war Kapitän Thomassen zurück in Lemvig, wo er zusammen mit seiner Besatzung vor dem Seegericht in Lemvig aussagte. Dort berichtete er, dass er in Bremerhaven den Kapitän des Dampfschiffs Bürgermeister Smidt getroffen habe. Der hatte erklärt, dass der Dampfer bei der Kollision auf der Rückfahrt nach Bremerhaven war, beladen, mit Kurs Südwest bis Süd, mit 10 bis 11 Meilen Geschwindigkeit. Er selbst hatte geschlafen, der Steuermann hatte Wache. Es war aber niemand an Deck als das Unglück geschah, und es gab keinen Ausguckposten.
Übertretung der Seefahrtsregeln
Wir wissen nicht, ob der Kapitän der Bürgermeister Smidt nach dem Zusammenstoß mit der Bertie aus Kristiania rechtlich belangt wurde. Jedenfalls aber haben er und seine Besatzung etliche Seefahrtsregeln übertreten.
Zunächst gilt grundsätzlich die Regel, dass Motorschiffe Segelschiffen auszuweichen haben. Der Grund liegt in der besseren Manövrierfähigkeit motorgetriebener Wasserfahrzeuge. Darüber hinaus versäumte es die Besatzung des deutschen Schiffs, Ausguck zu halten, und nach dem Unglück gab man weder den Namen des Schiffs noch die Rederei oder den Heimathafen an. Am schwerwiegendsten war jedoch, dass man der Besatzung der Bertie nicht zu Hilfe kam, sondern davon fuhr.
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