Rettungswesen
Die Rettungsstation Liløre
Die Rettungsstation Liløre wurde 1887 gegründet und gleich mit Raketenapparat und Rettungsboot ausgestattet. In der Zeit von 1887-1954 rettete die Mannschaft der Station 139 Mann. Ab 1950 verfügte die Station lediglich über einen Raketenapparat. Sie wurde 1967 vollständig geschlossen. Heute dient die Rettungsstation als privates Ferienhaus.
Die Rettungsstation Liløre sollte 1987 der Mittelpunkt eines tragischen Ertrinkungsunfalls werden, der in der nachfolgenden Zeit mythischen Charakter bekam.
Der Untergang des Rettungsbootes von Liløre 1897
In der bitterkalten Frostnacht des 25. Januars 1897 fuhr das Rettungsboot von Liløre hinaus, um zwei vermissten Fischerbooten zur Hilfe zu eilen. Man wusste, dass die beiden Boote auf dem rauen Meer waren, und die Leute an Land meinten, sie sahen Lichter draußen auf dem Meer und setzten deshalb das Rettungsboot zu Wasser. Mehrere Stunden vergingen, in denen nichts passierte, und die Menschen an der Küste wurden immer besorgter. Einer der Wartenden war Mads Hvass, der sich an Folgendes erinnerte: „Nachdem einige Stunden vergangen waren, ging ich zusammen mit einem anderen Mann etwas nördlich den Strand entlang. Dann hörten wir einen Schrei der Verzweiflung genau vor uns, und wir wussten, dass etwas geschehen war. [...] Es dauerte nicht lange, bevor ich ein Boot erblicken konnte, das mit dem Kiel nach oben in Richtung Land trieb. [...] Bald entdeckte ich einen Mann, der am Ende des Bootes hoch gespült wurde. Ich bekam ihn zu fassen, konnte ihn aber nicht halten. [...] Bei der nächsten Welle, kam er wieder nach oben und es gelang mir, ihn zu halten. Mittlerweile waren noch weitere Leute an den Strand gekommen. Wir konnten den Mann daher bald bergen, einige kümmerten sich um ihn, um wieder Leben in ihn zu bekommen. [...] Ich rannte sofort wieder nach unten, um zu sehen, ob noch weitere Männer angetrieben worden waren, denn mein eigener Vater saß mit im Boot. Vor allem nach ihm suchte ich. Nach und nach wurden alle angespült. Einige gaben anfangs kleine Lebenszeichen von sich, aber niemand überlebte.“ Die 12 Besatzungsmitglieder des Rettungsboots kamen alle um – darunter der Vater von Mads Hvass.
Die beiden kleinen Fischerboote kamen jedoch heile wieder zurück. Der Rettungsdampfer „Vestkysten“ hatte die erschöpften Fischer aufgenommen.
Das Licht, das die Menschen von der Küste aus gesehen hatten, soll von einem vorbeifahrenden Dampfer gestammt haben, denn die Fischerboote hatten sich weiter im Norden befunden.
Korrespondenten aus dem ganzen Land kamen nach Harboøre
„Unter größter Anteilnahme aus allen Teilen des Landes wurden am Dienstag den 3. Februar auf dem Friedhof von Harboøre die zwölf verunglückten Retter beerdigt“, berichtete die Zeitschrift Illustreret Tidende. Die Beerdigung wurde vom Staat bezahlt und viele Menschen erwiesen den Verstorbenen die letzte Ehre. Journalisten, Beamte, Geistliche und Vertreter des Königs waren anwesend. „Was die Beerdigung jedoch zu etwas ganz Besonderen machte, war die Anwesenheit einer Vielzahl an Rettungsboot-Mannschaften, Strandvögten und Fischern des gesamten Küstenabschnitts, die die Verunglückten mit zu Grabe trugen. Es herrschte eine tiefe Ernsthaftigkeit in den Gesichtern dieser Männer und sie sprachen mit leiser Stimme und gingen schweren Schrittes in dem großen Trauerzug. Dort gingen sie und wussten, was es bedeutete, das eigene Leben für das Heil anderer zu riskieren“, schrieb die Zeitschrift Illustreret Tidende.
In den Tagen nach dem Unglück hatten sich Korrespondenten aus dem ganzen Land, auch aus Kopenhagen, auf den langen Weg nach Harboøre begeben, um über die Ereignisse und die Bestattung zu berichten.
Das Denkmal auf dem Friedhof von Harboøre
Am 15. Mai 1898 weihte man auf dem Friedhof von Harboøre Friedhof ein Denkmal in Erinnerung an die 12 ertrunkenen Rettungsmänner ein. Der Gedenkstein wurde von Rettungsleiter Anton Andersen aus Lemvig vor den rund 1000 Zuschauern enthüllt.
Dem Untergang des Rettungsbootes aus Lilleøre gedachte man seither zu jedem Jahrestag, vor allem am 50. und 100. Jahrestag. Am Gedenktag 1997 hängte man in der Kirche von Harboøre ein Modell des Rettungsbootes im Kirchenschiff auf.
Der „Strand des Todes“ und das „Land der Witwen“
Der Untergang des Rettungsbootes von Liløre geschah nur vier Jahre nach dem „großen Unglück“ 1893, bei dem 48 Fischer ertranken – 26 von ihnen aus Harboøre. Als Vertreter der Presse sich erneut nach Harboøre aufmachten, um über das Kenterunglück zu berichten, nannten sie in ihren Artikeln Harboøre „Strand des Todes“ und „Land der Witwen“. Harboøre wurde hart getroffen und viele hatten Familienmitglieder verloren. Der Inspektor der Rettungsstation Liløre war nicht selbst im Boot mitgefahren, aber er verlor zwei Söhne und einen Schwiegersohn bei dem Unglück.
Die beiden tragischen Unglücke Ende des 19. Jahrhunderts sind heute noch Teil der lokalen Identität.
Sie sind Teil einer großen Erzählung über die Lebensbedingungen und Lebenseinstellungen in Westjütland. Eine vielfältige Erzählung, die auch Konflikt und Kampf, Verurteilung und Uneinigkeit über Interpretation enthält. Es geht um den Kampf mit und die Demut vor einer überwältigenden Natur, es geht um widerstreitende religiöse Überzeugungen und die Unterschiede zwischen einer aus Fischern bestehenden Gemeinschaft in Westjütland und den Medien und Behörden der Großstadt.
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