Rettungswesen
Die Rettungsstation Haurvig
Die Rettungsstation Haurvig, deren Gebäude immer noch westlich des Museums Abelines Gård steht, wurde 1860 als eine sehr bescheidene Raketenstation gegründet. Erst 1882 wurde ein separates Gebäude für die Ausrüstung gebaut. 1887 erweiterte man die Station mit einem größeren Gebäude und einem neu gebauten Rettungsboot von der Wert Orlogsværftet in Kopenhagen. 1933 wurde die Station wie die Rettungsstation Sønder Lyngvig geschlossen, da man die Aufgaben in einer neuen Station mit motorisiertem Rettungsboot in Hvide Sande bündelte. Man wollte aber Haurvig erst mal nicht vollständig aufgeben, sodass sie bis 1939 als Raketendepot der Rettungsstation Hvide Sande diente.
In Haurvig kam es aber nie zu so vielen Rettungseinsätzen, wie an den vielen anderen Orten der Küste, wo die kleinen Rettungsstationen in den Jahrzehnten um 1900 vielerorts mehrere hundert Seeleute retteten. Die Rettungsstation Haurvig rettete 64 Schiffbrüchige bei 15 Einsätzen, alle wurden mithilfe des Raketenapparates an Land gebracht.
Die Rettungsstation Haurvig gehört heute zum Museum Abelines Gård. In den Öffnungszeiten des Museums hat man Zugang zur Rettungsstation, in der heute ein Nachbau des Rettungsbootes ausgestellt wird. Sie besuchen uns zwar im Sommer bei schönen Wetter. Und Sie haben Urlaub. Aber mit ein wenig Phantasie ist es nicht schwer, sich das Boot in einer stürmischen Novembernacht vor 100 Jahren draußen auf dem Meer vorzustellen.
‚Elisabeth Rickmers‘
Am 12. Februar 1894 fand die größte Strandung in der Geschichte der Rettungsstation Haurvig statt. Die Bark ‚Elisabeth Rickmers‘ aus Bremerhaven hatte ein paar Tage zuvor im Heimathafen mit 600 Tonnen Sand als Ballast abgelegt. Das erwies sich als zu wenig. Ein mächtiger Sturm kam auf und das Schiff landete auf dem Strand, wo die Rettung der 19 Seeleute ohne Schwierigkeiten verlief.
Die örtliche Strandvogt Christen Christensen schrieb in sein Tagebuch:
12. Februar: „Wir haben 19 Mann (Schiffsbesatzung) bei uns einquartiert und sie haben alle trockene Kleidung erhalten. Fuhren mit den Rettungsgeräten zum Strand und dadurch konnten die Leute geborgen werden. Ein tragisches Ereignis für die 19 Deutschen. Aber alles ging gut.“
13. Februar: „Wir haben alle Seeleute verköstigt. Die Obrigkeit kam und aß hier zu Abend. (...) Nachts mit Rettungsapparat wegen eines Schiffs zur Küste gefahren, dessen Laterne zu sehen war, aber es erreichte das Land nicht.“
Der Raketenapparat im Einsatz
1851 ließ Christopher Berent Claudi, Gründer und erster Leiter des Rettungswesens, eine „Anleitung zur Verwendung von Rettungsraketen zur Rettung Schiffbrüchiger“ drucken. Dort ist zu lesen, dass sich das Abfeuern komplizierter darstellt als bei einer herkömmlichen Silvesterrakete.
„Wenn man an den Ort der Strandung gelangt ist, stellt man den Raketenbock so weit wie möglich im Windschatten des Schiffs auf, sodass man die Raketen direkt gegen den Wind abfeuert. Der Bock wird so aufgestellt, dass die Rakete in einem Winkel von etwa 40 Grad hinaus fliegt, wenn der Wind nicht zu kräftig ist; aber bei starkem Sturm oder wenn sich Seitenwind nicht vermeiden lässt, sollte die Rakete in einem Winkel von höchstens 30 Grad abgefeuert werden. [...]
Wenn sie abgefeuert werden soll, wird eine Rakete genommen, von der der Segeltuchlappen, der ihr unteres Ende verdeckt, abgeschnitten wird. Ein Stock wird durch die Ösen an der Raketenhülle gesteckt und mit 2 Stiften befestigt, einen durch jede Öse. Die Rakete wird nun vorsichtig in den Lauf gelegt. Etwa drei Klafter des vorderen Endes der Leine ist nass zu machen und von unten nach oben durch das Loch am unteren Ende des Raketenstocks zu stecken, wonach er mit einem Palstek an dem Loch befestigt wird, das sich am oberen Ende des Stocks befindet. Die Leine wird dicht entlang des Stockrückens gelegt und bereit hin zum Kasten. Nun nimmt man eine Zündkapsel und deren dickes Ende wird durch das Durchgangsloch eingeführt, sodass das schmale Ende zwischen den im Schloss angeordneten Backen zu liegen kommt. Jetzt wird das Schloss festgezogen. Die Kupferkapsel wird darüber verschlossen und man nimmt vorsichtig die Abzugsleine in die Hand und tritt etwa 10 Schritte zur Seite, und nun kann das Abfeuern auf das richtige Kommando erfolgen, indem man an der Leine zieht. [...] Wenn es gelingt, das Seil zu dem gestrandeten Schiff zu feuern, kann dessen Besatzung mit Hilfe einer schweren Trosse, dem Rettungsstuhl usw. an Land ziehen.“
... Man bedenke außerdem, dass dies alles bei Dunkelheit, Kälte, Sturm, Regen und Schneeregen erfolgen muss. Es gibt verzweifelte Menschen, die ein paar hundert Meter entfernt um ihr Leben kämpfen und nur dann gerettet werden, wenn die Rakete erfolgreich abgefeuert wird ...
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