Rettungswesen
Die Rettungsstation Søndervig
Die Rettungsstation Søndervig nahm 1857 ihre Arbeit auf. In den ersten 30 Jahren diente sie nur als Raketenstation, aber 1887 wurde sie auch um ein neues Rettungsboot von der Werft „Orlogsvæftet“ in Kopenhagen erweitert. Bei der selben Gelegenheit errichtete man auch ein Gebäude, in dem Raketenapparat und Boot untergebracht wurden. 1946 stellte man das Rettungsboot, das gerudert werden musste, außer Betrieb, aber die Station bliebt bis 1975 Raketenstation.
Im Zeitraum von 1868-1954 rettete die Besatzung der Station 80 Menschenleben in 15 Aktionen. Die größten Strandungen waren die Bark „Colonist“ aus Christiania 1880 und der Dampfer „Fingal“ aus Karlshamn 1916. In beiden Fällen wurden 12 Seeleute an Land gerettet.
Die Aufzeichnungen der Station zeigen, dass die Rettungsstation Søndervig weit mehr Menschen mit dem Raketenapparat als mit dem Boot rettete. Von den 80 geretteten Seeleuten wurde demnach nur einer mit dem Boot gerettet.
70 Jahre - drei Inspektoren
Die Rettungsstation Søndervig war ein Ort für lange und treue Dienste. 1927 hatte die Station erst ihren dritten Inspektor.
Der erste Strandvogt C. C. Pedersen bestritt das Amt bis 1877, also „nur“ 20 Jahre. Als er seinen Posten abgab, wurde der Dienstmann Anders Hansen zum Inspektor befördert. Er blieb 24 Jahre lang auf seinem Posten bis 1901. Der „neue“ Mann auf dem Posten, Strandvogt Chr. Lodberg, war anschließend 26 Jahre Inspektor, bis 1927.
Auf dem Foto ist eine Gruppe ehemaliger Retter der Station zu sehen.
Die Bark „Aeolus“ aus Hamburg
Im September 1899 war die Bark „Aeolus“ mit einer Ladung Holz auf dem Weg von Drammen in Norwegen nach Itzehoe in Deutschland.
Stand Hochmut dahinter, das Schiff nach dem antiken Gott des Windes zu nennen? Das wissen nur die Götter. Wie dem auch sei, strandete die „Aeolus“ am 23. September bei Starkwind und hoher See etwas südlich von Søndervig. Das Schiff setzte sich 250 m vor dem Ufer fest.
Die Situation war kritisch. Die Retter der Rettungsstation Søndervig schossen zwei Raketen zum Schiff, aber die Mannschaft des Schiffs wagte nicht, die Kajüte zu verlassen. Eine dritte Rakete landete genau auf der Kajüte und zwei Männer wurden über die Leine an Land gezogen. Dann zerbarst das große Schiff und sechs Männer mussten sich an Trümmern und Teilen der Ladung klammern. Auch die Männer der Rettungsstation Sønder Lyngvig hatten sich mit ihrem Raketenapparat zum Strand begeben, und so schafften es die beiden Rettungsmannschaften, alle Besatzungsmitglieder mit den Leinen an Land zu ziehen, die sie mittels Raketen hinaus geschossen hatten. Nur zwei Mann, die bereits beim Auflaufen über Bord gegangen waren, ertranken.
Die Seeleute auf der „Aeolus“ waren beim Gebrauch der Rettungsausrüstung andere Vorschriften gewöhnt. Die Leine diente dazu, ein stärkeres Seil zum Schiff zu ziehen, an dem der Rettungsstuhl hing. Mithilfe des Rettungsstuhls brachte man dann die Seeleute trockenen Fußes an Land. Ob es nun an der großen Entfernung, der tosenden See oder mangelndem Wissen über die Ausrüstung lag: Die acht überlebenden Seeleute hatten Glück mit dem Timing der Strandung. Bei eiskaltem Wasser wäre es ganz anders ausgegangen.
Ferienhäuser und Tourismus
Als das Gebäude der Rettungsstation Søndervig 1887 errichtet wurde, gab es in der Gegend lediglich einige Dünengehöfte. Abgesehen davon war das Gebiet eine menschenleere Gegend mit Dünen, Strand und Röhricht. Fast. Der Tourismus begann langsam Wurzeln zu schlagen. Der unternehmerische Anwalt und Kreditvereinsgründer Ephraim Magdalus Møller hatte eine Gruppe einheimischer Geldgeber gesammelt und 1884 mit ihnen Søndervig Badehotel eröffnet. Møller baute auch Søndervigs erstes Ferienhaus für sich.
Bald nahm der Tourismus zu an Fahrt, und die Rettungsstation Søndervig bekam mehrere kleine interimistische Ferienhäuser als Nachbar. Bei vielen der übrigen neuen Ferienhäuser in Søndervig handelte es sich um kleine gemauerte Sommerresidenzen der örtlichen Oberschicht. Die Rettungsstation lag etwas abseits in einer Gegend, wo die ersten Ferienhäuser mehr Ausdruck für die Kunst des Möglichen waren.
Übungen
Die Mannschaften der Rettungsstationen mussten für die verschiedensten Aufgaben bereit sein. Aber es konnten Jahre – in der Tat viele Jahre – zwischen den dramatichen Strandungen vergehen. Daher musste von Zeit zu Zeit der Gebrauch von Rettungsboot und Raketenapparat geübt werden.
Dass Strandungen in der Regel während der Sturmsaison von Oktober bis März vorkamen, hinderte die Rettungsmannschaften nicht daran, ihre Übungen unter milderen Bedingungen im Sommer abzuhalten. So kam den Rettungsstationen eine ganz neue und eher unbeabsichtigte Rolle im aufstrebenden Tourismus an der Westküste zu.
In den 1920’ern und 30’ern, als immer mehr Touristen ihren Weg nach Søndervig fanden, hatte die jährliche Rettungsbootübung eine große Anziehungskraft und zahlreiche Postkarten mit Motiven der Übungen wurden veröffentlicht.
Das Rettungsboot als silberner Löffel
Es ging sogar so weit, dass das Rettungsboot Ende der 1930’er als Motiv für ein typisches Souvenir der Zeit diente. Dieser Toddy-Löffel im sogenannten „Skønvirkestil“ (Mischung aus Jugendstil, Heimatstil und Nationalromantik) mit dem Text „SØNDERVIG“ hat das Rettungsboot als Motiv.
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